Politik

  • Die Prä-Expositionsprophylaxe PrEP wird salonfähig – für die europäischen Kliniker und in Frankreich resolut, in der Schweiz zögerlich. Und man debattiert mit uns über die Wirksamkeit.

    Es war eine kleine Sensation: Die europäischen Behandlungsrichtlinien empfehlen die PrEP auch ohne Zulassung der europäischen Medikamentenbehörden. Frankreich führt die PrEP offiziell ein und übernimmt die Kosten über das Gesundheitssystem. Die Eidgenössische Kommission für Sexuelle Gesundheit EKSG äussert sich positiv zur PrEP. Und ein Leser hinterfragt unsere Meinung.

    EACS Barcelona
    Es gab nicht einmal viel Aufsehen an der Konferenz, als die Therapierichtlinien Version 8 vorgestellt wurden – die Kliniker empfehlen den Einsatz der PrEP, und dies bevor die europäischen Medikamentenbehörden eine entsprechende Zulassung erteilt haben. In einer gemeinsamen Presseerklärung mit der Patientengruppe EATG erklärt die EACS ihre Haltung wie folgt: „Die Wissenschaft hat eine Antwort geliefert, und die Richtlinien reflektieren die Studienresultate aus PROUD und IPERGAY.“ Der EACS-Präsident Professor Manuel Battegay betont denn auch wie wichtig es sei, dass die Behörden mit der Zulassung vorwärts machen. „Auch bei den aktuellen Preisen für Truvada sparen wir Geld wenn wir eine PrEP an schwule Männer aus Hochrisikogruppen verschreiben“, bestätigte die PROUD-Studienleiterin Prof. Sheena McCormack aus London.

    Warum sind die europäischen Behörden so spät dran, wo doch die amerikanische FDA schon 2012 eine Zulassung erteilt hat? Die Antwort: Die Amerikaner haben aufgrund von Studienresultaten eine Zwangszulassung verfügt. Die europäischen Behörden haben dieses Instrument nicht – sie müssen warten, bis eine Firma eine Zulassung beantragt (dasselbe gilt für Swissmedic in der Schweiz). Vor wenigen Tagen kam endlich grünes Licht aus London: Das Dossier wird jetzt bearbeitet, innert 60 Tagen sollte die Antwort der Behörde vorliegen.

    Frankreich macht vorwärts
    Am vergangenen 23. November hat die französische Gesundheitsministerin die Einführung von PrEP ab 1. Januar 2016 angekündigt, dies bei voller Kostenübernahme durch das Gesundheitssystem. Der Ankündigung vorausgegangen waren monatelange Konsultationen hinter den Kulissen. Nach dem vorzeitigen Abbruch der IPERGAY-Studie war der Druck zu gross geworden – das System musste reagieren und die Intervention zugänglich machen. Ärzte und Aidsorganisationen zeigten sich erleichtert. IPERGAY ist die erste Studie, welche die Wirksamkeit von PrEP bei Bedarf, vor und nach dem Sex nachweist.

    Und die Schweiz?
    Ganz untätig war man hier nicht, doch die Mühlen mahlen etwas langsamer. Zum ersten sind die Neuansteckungen auch bei schwulen Männern einigermassen unter Kontrolle, zum zweiten wurde in der Schweiz keine PrEP-Studie durchgeführt. Die Arbeitsgruppe Klinik und Therapie der eidgenössischen Kommission für sexuelle Gesundheit EKSG (die frühere EKAF) hat sich trotzdem mit der Frage befasst. Einige Ärzte verschreiben die PrEP auch in der Schweiz, weil ihre Patienten danach fragen, und aufgrund der Entwicklung in Europa man die Augen nicht weiter verschliessen konnte. Am 25. Januar 2016 hat das BAG-Bulletin die Meinung der Kommission publiziert. Als Zielgruppe werden HIV-negative Personen mit hohem Ansteckungsrisiko genannt, welche häufig Partner wechseln und Schwierigkeiten mit der konsistenten Verwendung von Kondomen haben. Kürzlich erworbene Infektionen mit Syphilis oder dem venerischen Granulom, eine wiederholte Post-Expositionsprophylaxe oder der Gebrauch sogenannter Chemsex-Drogen können Hinweise auf eine Gefährdung liefern.

    Das Verschreiben der PrEP erfolgt in der Schweiz „off label“, da keine Zulassung der Swissmedic vorliegt (die Herstellerfirma hat noch keinen Antrag eingereicht, beabsichtigt dies aber zu tun). Die Kosten werden von der Krankenkasse nicht übernommen. Auf längere Sicht ist das unbefriedigend – zum ersten wird eine Post-Expositionsprophylaxe auch übernommen und zum zweiten sollte der Zugang zu einer wirksamen Intervention für alle möglich sein und kein Privileg darstellen. Die Diskussion um Kostenübernahme muss darum auch in der Schweiz geführt werden. Siehe dazu auch die Position der Positivrates Schweiz.

    Eine Zuschrift und unsere Replik
    Im vergangenen Juli haben wir uns etwas aus dem Fenster gelehnt. Im Artikel „PrEP ist ok – nur für Amerikaner?“ resümierten wir „Auch wenn PrEP teurer ist als ein Kondom: Die Intervention ist auch wirksamer als der Gummi und ein weiterer, wichtiger Pfeil im Köcher der Prävention.”(1) Ein aufmerksamer Leser hat nachgefragt, wie wir das begründen. Dazu muss man etwas ausholen.

    Theoretisch müsste man in einer Meta-Analyse die Wirksamkeit von 100% Kondomgebrauch mit der Wirksamkeit von 100% Adhärenz unter PrEP vergleichen. Es gibt solche Meta-Analysen über den Kondomgebrauch. Sie gehen von einer Wirksamkeit von 80-85% aus. Aidsmap schreibt dazu: Wenn Kondome zu 100% eingesetzt werden, wenn auch nicht immer 100% perfekt (sie können zum Beispiel platzen), beträgt der Schutz gegen HIV 80-85%. Mit anderen Worten: Wenn sich 100 Personen ohne Einsatz von Kondomen infizieren, würden sich 15 Personen infizieren, wenn Kondome immer eingesetzt werden. Wichtig dazu: diese Zahlen gelten für heterosexuellen, vaginalen Geschlechtsverkehr (2).

    Dawn Smith hat für das amerikanische Center for Disease Control die Wirksamkeit von 100% Kondomgebrauch untersucht. Er zieht dabei einen Durchschnitt aus zwei unterschiedlichen Studien und kommt auf 70% Wirksamkeit (3). Dieser Wert wird durch eine frühere Studie über die Wirksamkeit von Kondomen bei Analverkehr bestätigt.

    Bei PrEP haben wir einen einzigartigen Vorteil: Wir können messen und nachweisen, ob die PrEP genommen wurde oder nicht. Beim Kondomgebrauch müssen wir uns darauf verlassen, was die Studienteilnehmer erzählen – natürlich brauchen sie die Kondome „immer“, aber man kann es nicht überprüfen. Auch in PrEP Studien haben die Teilnehmer berichtet, wie genau sie es mit der PrEP nehmen – nur hat man sie dort erwischt. In iPrex betrug der Unterschied zwischen rapportierter und gemessener Adhärenz 90% zu 75%; in anderen PrEP Studien betrug die gemessene Adhärenz sogar nur 51%.

    Zurück zu den Studien über die Wirksamkeit von Kondomen: Wir wissen mit Sicherheit, dass die Leute ihr Verhalten beschönigen. Und: entweder berichten die Leute korrekt, wie sicher sie Kondome einsetzen, aber die Kondome sind nicht so wirksam - darum hätten wir eine Wirksamkeit von 70% . ODER die Kondome werden zu 100% eingesetzt und funktionieren auch bei 99%, aber die Leute beschönigen und brauchen sie nicht 100% obwohl sie das Gegenteil behaupten, und wir haben darum eine Wirksamkeit von 70%.

    Vor PROUD und IPERGAY konnte man über die Statistik argumentieren und sagen, dass unter Berücksichtigung der Adhärenz Kondome und PrEP gleich effizient wären. Seither ist aber die Katze aus dem Sack. Wir sahen 86% Wirksamkeit auch in Situationen wo die Medikamentenspiegel eine Adhärenz von 76% anzeigten (PROUD) oder der Sex durch zwei Dosen bloss in 50% der Fälle wirklich abgedeckt war (IPERGAY). Das zeigt: PrEP vergibt eine gewisse Nachlässigkeit und ist flexibel im Einsatz, man kann fast 100% Wirksamkeit auch dann erreichen, wenn man nicht ganz alle Dosen nimmt.

    Zudem haben wir seither auch die beeindruckende Kaiser Studie mit nicht einer Ansteckung unter mehr als 700 Hochrisikoschwulen. Das hätte man nicht gesehen, wenn man denselben Leuten Kondome empfohlen hätte.

    Wir bleiben also dabei: Die PrEP kostet zwar, ist aber wirksamer als der Gummi und ein weiterer, wichtiger Pfeil im Köcher der Prävention.

    Was mache ich, wenn ich eine PrEP will?
    Bitte nicht:

    • Truvada beim Kollegen besorgen, der eine Therapie nimmt. Das kommt für beide nicht gut.
    • Truvada übers Internet bestellen. Wir raten dringend davon ab, über Internet Apotheken verschreibungspflichtige Medikamente zu beziehen. Im besten Fall ist kein Wirkstoff drin, oder die Sendung wird vom Zoll beschlagnahmt. Im schlimmeren Fall ist der Wirkstoff zu schwach oder ein anderer als angegeben.

    Bitte so:

    • Einen Arzt kontaktieren, der Erfahrung mit der HIV-Therapie hat (nur diese Ärzte kennen Truvada gut und können PrEP-Kunden sinnvoll beraten und überwachen).
    • Mit einem Rezept in der Apotheke beziehen und gemäss Anweisungen des Arztes einnehmen.
    • Wer Stimulans und Chems beim Sex verwendet: Bitte das Thema offen mit dem Arzt ansprechen. Es geht auch darum, Wechselwirkungen zu verhindern.
    • Wer sparen will, kann in Basel oder Genf über die Grenze nach Frankreich in eine Apotheke gehen. Das ist etwas billiger und sicher.


    David Haerry / Februar 2016  

     

    (1) http://neu.positivrat.ch/medizin/therapie/128-prep-ist-ok-nur-fuer-amerikaner.html
    (2) http://www.aidsmap.com/Do-condoms-work/page/1746203/#item1746205
    (3) http://www.aidsmap.com/CDC-researchers-publish-estimate-of-effectiveness-of-condom-use-in-anal-sex/page/2930716/

  • Die Worte des Vorsitzenden zum Welt-Aids-Tag 2016

    Das bald zu Ende gehende Jahr hat uns vieles gebracht, was wir vorher kaum für möglich gehalten haben. Zu Beginn des Jahres standen wir noch unter dem Eindruck des ‚Rechtsrutsches‘ in unserem Parlament, etwas das uns damals Sorgen bereitet hat, stehen doch die konservativen Kräfte in der Politik immer im Verdacht, dass sie die Ausgaben für soziale Wohlfahrt und das Gesundheitswesen zu senken trachten, etc. Aber dass ‚die AmerikanerInnen‘ vor kurzem jemanden zum Präsidenten gewählt haben, der es weder mit der Wahrheit der Spur nach genau nimmt, noch die Frauen als etwas anderes als sich unterzuordnende Lustobjekte betrachtet, stellt unserer ‚Zuvielisation‘ keine besonders gute Note aus. News (insbesondere auf den sozialen Medien) müssen inzwischen auf den Wahrheitsgehalt überprüft werden, es gibt immer mehr ‚Journalisten‘, deren Finger nur dazu dienen, dass irgendwelche hanebüchenen News heraus gesaugt werden - brave new world.

    Was hat das mit uns zu tun? Wir müssen uns in dieser Welt bewegen. Wir haben andere, seriöse Absichten. Es ist nicht immer nur ‚geil‘, die ehrenamtliche Arbeit zu erledigen, die wir leisten. Manchmal ist es mühselig. Aber es ist reale Arbeit. Yin und Yang, Ups and Downs. Sie hat kaum Glamour, aber sie bringt Befriedigung. Niemand von uns macht vorsätzlich ‚schlechte‘ Arbeit, jeder gibt sein Bestes für die Community.

     

    Schwerpunkt Hepatitis C

    In den letzten zwei Jahren wurde für uns bekanntlich die Arbeit im Zusammenhang mit Hepatitis C immer wichtiger. Der Zugang aller mit dem HCV infizierter Menschen zu den universellen und gut verträglichen Therapien steht auf unserer ersten Standarte. Dass es nicht möglich sein soll, Medikamente, die in der Produktion einige Rappen kosten, den Leidenden auch real zu verschreiben, ist eines zivilen ‚Gesundheitswesens‘ absolut unwürdig. Doch unsere steten Tropfen (und die der Mitstreiter) werden den Stein in absehbarer Zeit ausgehöhlt haben. Darauf wette ich! Deswegen mein Aufruf an alle, deren Leber sich im Moment noch weigert, ‚genügend‘ zu vernarben, freut Euch genau darüber und kämpft an unserer Seite. Bombardiert die Gesundheitsbehörden (BAG) und die Pharma mit Briefen, die Krankenkassen mit Kostengutsprache-Anfragen, gelangt mit offenen Briefen, Leserbriefen und Pressemitteilungen an die Medien und an uns wohlgesonnene Politiker. Das einzige, was in dieser Situation helfen kann, ist Druck von der Basis.

     

    Migrations-Community nicht vergessen

    Was uns ebenso wichtig ist, ist unsere Migranten-Community. Mit deren Gesundheit und dem Zugang zu Dienstleistungen liegt vieles im Argen. In den letzten Jahren hat man dieses Problem von Amtes wegen ziemlich verschlafen, erst in neuster Zeit scheint sich hier einiges zu tun. Da HIV im Gebiet südlich der Sahara nicht als Krankheit von Randgruppen abgetan werden kann, sondern vielmehr ein überwiegend weibliches Gesicht trägt, müssen sowohl die Präventions- als auch die Behandlungsstrategien dieser Tatsache Rechnung tragen. Andere wichtige Faktoren sind die kulturelle und soziale Entwurzelung und damit einhergehend eine viel höhere Mobilität vor allem innerhalb Europas und leider nicht zuletzt die erhöhten Stigmatisierungsrisiken. Wir sind mit unseren Partnern im europäischen Raum daran, hier Antworten zu suchen und so die Lebensqualität und den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen für die MigrantInnen zu verbessern.

     

    Was bringt die Zukunft? Die PrEP muss kommen

    Der dritte, uns ebenso wichtige Punkt ist der Kampf für die PrEP. In mehreren Studien hat sich inzwischen gezeigt, dass diese die hohen Erwartungen, die in diese Präventionstechnik gesteckt werden, voll erfüllt. Die PrEP ist aber auf keinen Fall eine Strategie z.B. für alle schwulen Männer. Es gibt eine relativ klar und restriktiv eingegrenzte Gruppe von Menschen, die aus diversen Gründen Zugang zu einer PrEP erhalten sollen. Genau diese Individuen, die sozusagen auf den Schaltstellen der Infektionswege sitzen, können so ein sehr effizientes Risikomanagement betreiben, in ihrem eigenen - aber auch im Interesse der Gesundheit der Mitmenschen. Dem steht unser Krankenkassengesetz entgegen, leider werden Präventionsmassnahmen in keinem Fall durch die Grundversicherung rückvergütet. Aber angesichts der Tatsache, dass generisches Truvada auch nur ein paar Rappen kostet, sollte eine pragmatische Lösung zu finden sein - sofern ‚man‘ ernsthaft an einer solchen interessiert ist.

    In diesem Sinne sollten wir uns alle für ein Gesundheitssystem einsetzen, das diesen Namen verdient. Eines, das die Gesundheit erhalten will und nicht erst eingreifen darf, wenn die Krankheit manifest ist. Oder sogar erst, wenn eine Krankheit schwerwiegend wird…

     

    VValo Bärtschi / November 2016

  • Endlich: Swissmedic darf mit der European Medicines Agency (EMA) vertrauliche Informationen austauschen

    Fast 23 Jahre nach dem EWR-Nein kann die Swissmedic endlich vertraulichen Informationsaustausch mit den europäischen Behörden pflegen. Die am 10. Juli 2015 unterzeichnete Vereinbarung verbessert die Arzneimittelüberwachung in der Schweiz.  

    Ganz im Stillen erschien Ende Juli eine lapidare Meldung auf der Swissmedic Webseite – kaum eine Zeitung hat die Nachricht zur Kenntnis genommen. Möglicherweise wollte die eine oder andere Seite die Neuigkeiten so diskret wie möglich verbreiten. Für die Schweizer Patienten ist die seit langem angestrebte Vereinbarung aber ein echter Durchbruch.

    Ein wenig Hintergrund: Alle europäischen Länder, inklusive der EFTA-Mitglieder Liechtenstein, Norwegen und Island, arbeiten seit 1995 mit der europäischen Medikamentenagentur unter einem Dach. Dies wäre Bestandteil der vom Schweizer Stimmbürger abgelehnten EWR-Vorlage gewesen. Wie wichtig dieser Informationsaustausch ist, zeigte sich besonders deutlich während der Schweinegrippe-Pandemie von 2009/2010: Alle Europäer waren am gleichen Tisch, nur die Schweiz musste anstehen (das heisst: sie durfte damals ausnahmsweise mit am Tisch sitzen).

    Seit dieser Erfahrung haben sich die Bemühungen verstärkt, eine vertrauliche Zusammenarbeit der Gesundheitsbehörden doch möglich zu machen. Damit können die beiden Behörden nicht-öffentliche Informationen zur Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit von Heilmitteln austauschen, die in der Schweiz oder der EU entweder zugelassen oder im Zulassungsverfahren sind. Die Vereinbarung gilt für fünf Jahre und kann verlängert werden. Beide Behörden werden profitieren, vor allem aber die Schweizer Patienten – die europäischen Zulassungsverfahren beginnen nämlich in der Regel etwas früher, und der Informationsaustausch könnte die Schweizer Zulassungsverfahren unterstützen.

    David Haerry / Oktober 2015

  • Hepatitis C: Betroffene organisieren sich

    Am 28. Juli ist der Welt-Hepatitis-Tag, an dem die WHO jedes Jahr auf das Schicksal der Hepatitis-Kranken in aller Welt aufmerksam macht, insbesondere jenen mit Hepatitis C. In der Schweiz sind schätzungsweise 80‘000 Menschen oder 1% der Bevölkerung mit dem Hepatitis C Virus infiziert. Viele von ihnen sind sich der Krankheit gar nicht bewusst. Anderen verweigern die Krankenkassen eine Therapie, weil sie angeblich noch zu wenig krank seien. Dabei sterben in Industrieländern heute mehr Menschen an Hepatitis C als an HIV (in der Schweiz drei Mal mehr). Hepatitis C Betroffene haben deshalb die Schweizerische Hepatitis C Vereinigung gegründet, um so eine Ansprechstelle für HCV Betroffene zu bilden und diese zu unterstützen. Ferner fordern sie von den Behörden, die Krankheit endlich ernster zu nehmen und die Rationierung aufzuheben. Vom Gesundheitswesen verlangen sie, allen Erkrankten den Zugang zu den heilenden Medikamenten zu ermöglichen. Schliesslich rufen sie die Pharmafirmen dazu auf, die Preise ihrer HCV-Medikamente weiter zu senken.

    Hepatitis C ist eine Viruserkrankung, die vor allem durch Blutkontakt übertragen wird. Betroffen sind in der Schweiz einerseits Personen, die eine Bluttransfusion bekommen haben, bevor diese auf Hepatitis C getestet wurden. Zu den Risikogruppen gehören ferner Drogenkonsumenten, Leute mit Tätowierungen und Männer, die Sex mit Männern haben. Während es gegen Hepatitis A und B Impfungen gibt, fehlt eine solche gegen Hepatitis C bis heute. Jedes Jahr werden in der Schweiz rund 50 Neuansteckungen mit Hepatitis C registriert und eine ganze Reihe alter Erkrankungen erkannt. Laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist aber davon auszugehen, dass bis zu einem Prozent der Bevölkerung mit dem Virus infiziert ist, viele davon mit Jahrgang 1955 bis 1985. Da viele von der Krankheit nichts merken, wird sie erst bemerkt, wenn die Betroffenen eine irreversible Leberschädigung haben (Leberzirrhose) oder an Leberkrebs erkranken.

    Seit 2014 gibt es neue und hochwirksame Medikamente gegen Hepatitis C. Sie heilen praktisch alle Patienten innerhalb von drei Monaten. Je nach Genotyp und Krankheitsbild kostet eine Therapie zwischen rund 40‘000 bis 100’000 Franken. In der Geschichte der Schweiz wurde erstmals vom BAG eine vom Fortschrittsgrad der Erkrankung abhängige Rationierung beschlossen, die sogenannte „Limitatio“. Gemäss dieser Rationierung werden Patienten erst ab einem mittelschweren Leberschaden (F2) behandelt. Laut BAG sind angeblich Patienten, die unter extrahepatischen Symptomen leiden, von der Rationierung ausgeschlossen, müssten also behandelt werden, auch wenn ihre Leber noch nicht im Stadium F2 ist. Die meisten Krankenkassen weigern sich aber in den meisten dieser Fälle, die Therapien zu bezahlen. Das bedeutet für die Betroffenen weiteres jahrelanges Leiden und eine häufig massive Einschränkung ihrer Lebensqualität. Zudem werden alle HCV Patienten einem erhöhten Krebsrisiko ausgesetzt.

    Immer mehr verzweifelte Menschen versuchen, Lizenzprodukte aus dem Ausland (Indien) auf eigene Kosten zu beschaffen, gehen dabei allerdings beträchtliche Risiken ein. In Indien kosten die Medikamente fünf bis zehn Prozent von dem, was in der Schweiz bezahlt werden müsste (1500 bis 2500 Franken für eine drei Monate dauernde Therapie). Allerdings ist aus der Sicht der Pharmahersteller der Import in die Schweiz illegal. Die Schweizer Gesetzgebung verbietet Parallelimporte und die Lizenzbestimmungen der US-Hersteller verbieten indischen Produzenten den Export in industrialisierte Länder. Legal ist nur der Import einer Monats-Ration durch den Hepatitis C Kranken persönlich.

    Angesichts dieser skandalösen Situation haben Hepatitis C Betroffene diesen Sommer die „Schweizerische Hepatitis C Vereinigung“ gegründet. Ziel der Organisation ist es, Hepatitis C Betroffene zu beraten, zu unterstützen und zu begleiten. Sie versteht sich als Ansprechpartnerin für Hepatitis C Patienten, Behörden, Krankenkassen, Industrie und generell für alle Akteure im Bereich Hepatitis C. Geplant ist ferner, jenen denen eine Therapie verweigert wird, juristischen Beistand zu geben. In den Kantonen Zürich und Basel-Stadt liegen die ersten beiden bekannten Fälle zur Beurteilung bei den zuständigen kantonalen Sozialversicherungsgerichten.

    www.hepc.ch

    Daniel Horowitz / Juli 2016

  • Hepatitis C: Die Petition „Behandlung für alle“ ist übergeben

    Am 28. Juli, dem Welt-Hepatitis-Tag, haben sich Betroffene auf dem Bundesplatz in Bern versammelt und eine Petition eingereicht, die an Bundesrat Alain Berset gerichtet ist und die die Behandlung für alle Hepatitis-C-Betroffenen fordert. Eine Mitarbeiterin des EDI hat sie entgegengenommen.

    Knapp 1’300 Unterschriften haben die Aktivisten in den letzten Monaten gesammelt. Die Petitionäre wollen erreichen, dass die Einschränkung der Verschreibung der neuen Medikamente nur für Personen, deren Leber schon schwer geschädigt ist, aufgehoben wird. Die Schweizer Regelung der Limitierung der Medikamente erachten sie als unethisch und kritisieren, dass Tausenden von Patienten so die heilenden Medikamente vorenthalten werden. „Als ich vor ein paar Wochen nach vielen Jahren Leidenszeit endlich die Medikamente bekam war es, als ob ich ein neues Leben erhalten hätte. Bereits nach wenigen Tagen der Behandlung waren meine jahrelangen Beschwerden vollständig verschwunden“, schildert Mitinitiant Daniel Horowitz seine Erfahrung. Dies wollen die Aktivisten auch anderen Patienten ermöglichen und sie fordern Bundesrat Berset auf, das jahrelange Leiden von Betroffenen durch die Aufhebung der Limitatio zu beenden.


    www.stophepatitisc.blogspot.ch

    HepC Petition

  • Heute ist Welt-Hepatitis-Tag; eine Elimination der HepC wäre realisierbar

    Zürich, 28. Juli 2016. Hepatitis C könnte in der Schweiz eliminiert werden. Doch dazu müsste entschlossen gehandelt werden. Leider verschläft die offizielle Schweiz diese historische Chance.

    Es ist alarmierend: 80’000 Menschen leben in der Schweiz mit einer Hepatitis C. Unbehandelt kann sich eine Vernarbung der Leber oder Leberkrebs entwickeln. Viele Betroffene leiden unter ständiger Müdigkeit und anderen chronischen Krankheiten. Heute sterben mehr Menschen in der Schweiz an Hepatitis C als an HIV.

    Die heilenden Therapien erhalten nur wenige: Denn über die Hälfte der Betroffenen weiss nichts von der Infektion. Zudem hat das Bundesamt für Gesundheit BAG die Medikamente aus Kostengründen rationiert. Die Rationierung wurde letztes Jahr zwar etwas gelockert. Trotzdem erhalten Betroffene erst ab einem mittleren Leberschaden die Therapien vergütet. Die Rationierung führt zudem in vielen Fällen zu kräfteaufreibenden Kämpfen mit den Krankenkassen.

    Experten sind überzeugt: Die Elimination von Hepatitis C ist möglich. Die private Initiative Schweizerische Hepatitis-Strategie hat sich schon vor einem Jahr das Ziel gesetzt, virale Hepatitis bis ins Jahr 2030 zu eliminieren. Der Positivrat Schweiz ist Teil dieses Netzwerks. Die offizielle Schweiz hat im Mai 2016 die erste globale Eliminationsstrategie der Weltgesundheitsorganisation WHO verabschiedet. Trotzdem tut sich viel zu wenig.

    Der Positivrat Schweiz fordert, dass die offizielle Schweiz eine Eliminationsstrategie für Hepatitis C verfolgt. Dazu braucht es Neuverhandlungen des Bundesamtes für Gesundheit BAG mit der medikamentenherstellenden Industrie über die Preise, um den Zugang zu den heilenden Medikamenten für alle zu ermöglichen. Weiter sollte die Schweiz aktiv über virale Hepatitis aufklären und die private Initiative Schweizer Hepatitis-Strategie unterstützen.

    Die Schweiz hätte alle Instrumente in der Hand, um Hepatitis C bis 2030 zu eliminieren. Damit würde Betroffenen viel Leid erspart und es könnten zukünftige Gesundheitskosten vermieden werden.


    Welt-Hepatitis-Tag
    Der Welt-Hepatitis-Tag, der jährlich am 28. Juli begangen wird, ist einer von nur vier Weltgesundheitstagen und wurde von der WHO 2010 ins Leben gerufen. Im Mai 2016 haben die WHO-Mitgliedsländer, darunter auch die Schweiz, die erste globale Eliminationsstrategie verabschiedet. Die WHO stellt den Welt-Hepatitis-Tag 2016 unter das Motto „Elimination“. Am 28. Juli wird zudem die globale Bewegung NOhep ins Leben gerufen, um das Ziel der Elimination von viraler Hepatitis voranzutreiben.
    www.worldhepatitisday.org

    Kontakt:
    VORSITZ Positivrat Schweiz, Herr Walter Bärtschi, Tel. +41 79 461 46 66
    VIZE-VORSITZ Positivrat Schweiz, Herr David Haerry, Tel. +41 79 712 57 59

    Medienmitteilung Welt-Hepatitis-Tag 2016

  • Manifest zu Chronischer Hepatitis C

    Der Positivrat Schweiz fordert zahlbare Medikamentenpreise und Verzicht auf Zugangsbeschränkungen für neue Therapien der Hepatitis C


    Zürich/Bern, 12. Januar 2015. Neue, hochwirksame Medikamente erhöhen die Chance auf Heilung einer chronischen Hepatitis C-Infektion. Doch hohe Medikamentenpreise und Zugangsbeschränkungen lassen die Mehrheit der Patientinnen und Patienten weiter warten.


    Schätzungsweise 70'000 bis 80'000 Menschen sind in der Schweiz mit Hepatitis C infiziert. Ohne Behandlung kann das Virus die Leber und andere Organe des Körpers schwer schädigen und lebensbedrohlich sein.


    An einer chronischen Hepatitis C leidende Betroffene erhoffen sich eine rasche Heilung durch neue, hochwirksame Medikamente. Doch die hohen Medikamentenpreise und eine strikte Zugangsbeschränkung durch die Zulassungsbehörden haben diese Hoffnung für viele zunichte gemacht. Die Zulassung des neuesten Medikaments nur für Menschen, die schon eine sehr schwere Lebererkrankung haben, ist unsinnig, denn eine frühe Intervention kann ein weiteres Fortschreiten der Leberkrankheit verhindern und chronisch-kranke Menschen heilen.


    Der Positivrat Schweiz handelt angesichts dieser prekären Situation: Bisher vor allem aktiv in der Interessensvertretung von Menschen mit HIV, öffnet sich das Fachgremium für Menschen mit einer chronischen Hepatitis C. In einem Manifest nimmt der Positivrat zur Situation Stellung.


    Der Positivrat erachtet die jetzige Situation als zynisch und eine Fehlleistung des sonst so vorbildlichen Schweizerischen Gesundheitssystems. Er ruft alle Akteure auf, das Patientenwohl bei der Zulassung weiterer Medikamente ins Zentrum zu stellen, vertretbare Medikamentenpreise zu erwirken sowie auf Zulassungsbeschränkungen zu verzichten.


    Kontakt:
    Bettina Maeschli, Vorsitz Positivrat Schweiz, mobile: 076 412 33 35, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

    Manifest_Chronische_Hepatitis_C.pdf
    Medienmitteilung_Manifest.pdf

  • Medienmitteilung - Hepatitis C Betroffene fordern ein Ende des Preiskrieges auf Kosten der Betroffenen

    Medienmitteilung der Schweizerischen Hepatitis C Vereinigung und des Positivrats Schweiz zur eingeschränkten Zulassung von Epclusa

    Zürich, 10. Januar 2017 - Die gute Nachricht: Das neue Hepatitis-C Medikament Epclusa des Herstellers Gilead wurde am 1.1.2017 in der Schweiz zugelassen. Es ist das erste Medikament, welches gegen alle bekannten Genotypen des Virus wirkt und stellt wiederum einen Durchbruch in der Heilung der HCV-Betroffenen dar. Die schlechte: Epclusa wird gemäss BAG-Entscheid nur beim Einsatz gegen den Genotypen 3 vergütet, und dies im Widerspruch zur Swissmedic Zulassung für alle Genotypen. Wie alle anderen Hepatitis C Medikamente ist auch Epclusa auf Patienten mit mittelschweren Leberschäden ab Fibrosestatus F2 beschränkt. Das heisst, Patienten mit Leber-Fibrosegrad F0 und F1 sind weiterhin von der Behandlung ausgeschlossen, obwohl viele von ihnen erwiesenermassen unter zahlreichen Symptomen der Krankheit leiden, eine zuweilen stark eingeschränkte Lebensqualität haben und häufig auch im Erwerbsleben eingeschränkt sind.

    Auch wurde bekannt, dass die Zulassung von Epclusa nur bis Ende Jahr gilt, und die Zulassungen von anderen Medikamenten wie Harvoni und Sovaldi bereits früher abläuft (August bzw. September). Damit riskiert das BAG nun auch noch einen Medikamenten-Engpass, selbst für die Patienten mit schwerer (lebensbedrohlicher) Leberschädigung.

    Diese der Schweiz unwürdige Medikamentenrationierung muss ein Ende haben. Der Preiskrieg zwischen BAG und den Pharmaherstellern darf nicht länger auf Kosten der erkrankten Menschen geführt werden. Die bisherige Politik des BAG, nämlich Tausende von Erkrankten praktisch in „Geiselhaft“ zu nehmen („senkt die Preise oder wir lassen die Behandlung nicht zu“) ist illegal, sie hat keinerlei rechtliche Grundlage, und sie ist für uns absolut unverständlich. Die Schweiz könnte es sich leisten, ihren Bürgern und Bürgerinnen einen wirklichen Zugang zur medizinischen Grundversorgung zu garantieren.Zur Erinnerung: Im Artikel 117a der Bundesverfassung heisst es:Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine ausreichende, allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität. Davon kann bei der bestehenden Rationierung von HCV-Medikamenten keine Rede mehr sein. Vielmehr stehen die Leidtragenden weiterhin zwischen den Fronten.

    Positivrat Schweiz

    Walter Bärtschi, Vorsitz, Positivrat Schweiz, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, M +41 79 461 46 66

    Schweizerische Hepatitis C Vereinigung SHCV

    Daniel Horowitz, Präsident, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, M +41 79 339 1859

    Medienmitteilung PDF

  • Neue Hepatitis-C-Medikamente: Limitatio bleibt

    Der Positivrat Schweiz fordert ein Ende der zynischen Preispolitik

    Zürich, 2. Februar 2015. Gestern wurden neue Medikamente, die Hepatitis C heilen können, in die Spezialitätenliste (SL) aufgenommen. Wie schon bei Sovaldi verhängt das BAG eine Limitatio, die die Medikamente nur bereits schwer erkrankten Patientinnen und Patienten zugänglich macht. Damit müssen unzählige Menschen weiter auf eine Heilung warten.

    Gestern wurden das Kombinationspräparat Harvoni von Gilead und die Abbvie-Kombination Viekirax und Exviera in die Spezialitätenliste aufgenommen. Darauf haben viele Patienten lange gewartet: Die neuen Hepatitis-C-Medikamente ermöglichen den Verzicht auf die belastenden Therapien mit Interferon und verkürzen die Therapiedauer bei gleichzeitig hohen Heilungschancen. Doch wie bei Sovaldi verhängt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine Zugangsbeschränkung: nur Patienten mit schweren Leberschäden profitieren von den neuen Substanzen. Der hohe Preis der Medikamente, den die Herstellerfirmen verlangen, und eine fehlende nationale Hepatitis-Strategie haben zu dieser unhaltbaren Situation geführt.

    Seit der Einführung von Sovaldi hat sich in vielen Fällen gezeigt, dass einige Krankenkassen die Limitatio ausreizen und den Zugang zu den neuen Therapien sehr restriktiv handhaben. Zudem setzt das BAG die Kassen massiv unter Druck: Sovaldi darf in Kombination mit noch nicht zugelassenen Medikamenten nicht vergütet werden, selbst wenn diese von den Firmen kostenlos für schwerkranke Patienten zur Verfügung gestellt werden. Diese Haltung ist skandalös und patientenfeindlich, denn die Programme für einen frühen Zugang zu Medikamenten sind eine Errungenschaft, um akut bedrohte Leben zu retten. Mit einer solchen Haltung und dem jetzigen Entscheid wird die Situation auf unbestimmte Zeit zementiert: Die Medikamentenhersteller, die Gesundheitsbehörde und die Krankenkassen spielen so ein böses Spiel auf Kosten der Patienten.

    Diese zynische Preispolitik muss ein Ende haben. Wir fordern alle Beteiligten auf, das Wohl der Patienten vor die eigenen Interessen zu stellen und sofortige Neuverhandlungen aufzunehmen: Die Firmen müssen ihre Preise senken und die Zugangsbeschränkung muss durch das BAG aufgehoben werden. Die Krankenkassen fordern wir auf, Kostengutsprachen grosszügig zu handhaben.

    Eine Heilung möglichst vieler Patienten ist im Interesse der öffentlichen Gesundheit: So können schwere Folgeerkrankungen wie Leberkrebs und –zirrhosen verhindert und teure und für die Patienten sehr belastende Lebertransplantationen vermieden werden. Und sie verhindert Neuansteckungen. Die Schweiz ist in der Lage, mit einer klugen Strategie die stille Epidemie Hepatitis C auszurotten. Packen wir’s an.

     


    Der Positivrat dokumentiert besonders stossende Fälle auf der Webseite: www.positivrat.ch.

    Kontakt: Bettina Maeschli, Vorsitz Positivrat Schweiz, 076 412 33 35, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

  • Neue LOVE LIFE-Kampagne: Ein Leben lang bereuen?

     

    «Bereue nichts», so lautet der Titel der soeben gestarteten LOVELIFE-Kampagne des Bundesamtes für Gesundheit. Wer sich schütze, brauche auch nichts zu bereuen. Für Menschen, die mit HIV leben, eine schwierige Aussage.

    Ein Angelpunkt der Kampagnen der LOVELIFE-, vormals STOP AIDS-Kampagnen, war immer, dass Menschen mit HIV nicht ausgegrenzt werden und nicht moralisch argumentiert wird. In den Anfangsjahren der STOP AIDS-Kampagnen wurde sogar explizit für Solidarität mit HIV-positiven Menschen geworben. Das ist jetzt offenbar vorbei.

    In der aktuellen Kampagne dreht sich alles um ein Manifest. Unter anderem soll man sich zum Slogan bekennen: «Ich bereue nichts. Dafür sorge ich». Kehrt man diese Aussage um, bedeutet das, dass Menschen mit HIV ein Leben lang bereuen sollen.

    Damit werden die bisherigen Prinzipien der HIV-Prävention, die bewusst moralisch aufgeladene Begriffe wie Schuld, Reue etc. vermied, über Bord geworfen.

    Dagegen protestieren wir! Wir erwarten vom Bundesamt für Gesundheit, dass die Kampagne überdacht wird, dass auf Betroffene in unserem Land Rücksicht und deren Stimme ernst genommen wird. Denn es ist schon lange bekannt: Mit der Diskriminierung von Menschen mit HIV erweisen wir der HIV-Prävention einen Bärendienst.

    Positivrat Schweiz

     

  • Nicht-Diskriminierung darf nicht zum Lippenbekenntnis werden

    Die Strategiegruppe «LOVE LIFE-Kampagne» hat die Kritik des POSITIVRATS an der aktuellen Kampagne zurückgewiesen. Der POSITIVRAT fordert, dass Menschen mit HIV einbezogen und ihre Stimme ernst genommen wird.

    Die Strategiegruppe «LOVE LIFE-Kampagne» bekennt sich in ihrem Antwortschreiben zum Gebot der Nichtdiskriminierung von Menschen mit HIV. Das ist zu begrüssen. Es darf aber nicht zum blossen Lippenbekenntnis werden.  

    Der POSITIVRAT hatte kritisiert, dass der Slogan «Bereue Nichts» für Menschen mit HIV diskriminierend wirkt. Mit Verwunderung stellen wir fest, dass die Strategiegruppe diese Kritik von Menschen mit HIV offenbar nicht ernst zu nehmen gewillt ist. Die Behauptung, dass die Kritik nicht korrekt sei, ist zu einfach und zeugt von Desinteresse.  

    Menschen mit HIV erleben vielfältige Diskriminierungen in ihrem Alltag – auch heute noch. Das zeigen auch die rund 90 Meldungen von Diskriminierungen, die jedes Jahr bei der Aids-Hilfe Schweiz eingehen. Der Begriff «Reue» ist eng verknüpft mit Gefühlen der Schuld, Abscheu, Unwert oder Sünde. Und das hat rein gar nichts mehr mit lustvoller Sexualität zu tun.  

    Mit den moralischen Begriffen befeuert die LOVE LIFE-Kampagne negative Gefühle. Diese öffnen die Tür zur Selbststigmatisierung. Und erschweren es Menschen mit HIV, einen guten Umgang mit ihrer Infektion zu finden.  

    Der POSITIVRAT hat sich deshalb früh in die Kampagne eingeschaltet und seine Einwände am Slogan vorgetragen. Offenbar wurde trotz dieser Einwände entschieden, nicht darauf einzugehen. Sieht so sinnvolle Beteiligung aus?  

    Wir erinnern daran, dass seit 1994 alle Organisationen im HIV-Bereich gehalten sind, das GIPA-Prinzip umzusetzen. Wir erwarten daher, dass unsere Einwände ernst genommen werden und dass darauf angemessen reagiert wird. Wir stehen weiterhin zur Verfügung, damit das Nichtdiskriminierungsgebot nicht nur Lippenbekenntnis bleibt, sondern umgesetzt wird. Durch die sinnvolle Beteiligung von Menschen mit HIV.  

    POSITIVRAT SCHWEIZ

     

  • Offener Brief an Margrit Kessler

    Ihr Interview vom 8. August 2014 im 20 Minuten online, «Lohnen sich teure Medis bei Todkranken?»

    Sehr geehrte Frau Kessler

    Ihr Interview zu den Medikamentenpreisen in 20 Minuten online können wir nicht unkommentiert lassen. Sie kritisieren hohe Medikamentenpreise und setzen sich für ein günstigeres Gesundheitssystem ein. Das ist richtig und wir gehen mit Ihnen einig.

    Doch Ihre Äusserungen zur Kostenübernahme nur für diejenigen Patienten, die die Krankheit nicht selbst verschuldet haben, sind erschreckend. Sie erwähnen das Beispiel der Drogenabhängigen, die sich mit Hepatitis-C über den Drogengebrauch anstecken.

    Zuerst einmal: Sucht ist eine Krankheit. Süchtige sind also Patienten und sollten dementsprechend behandelt und auch von Ihnen geschützt werden. Ihnen die Verantwortung für Folgeschäden ihrer Krankheit zuzuschreiben, zeugt von einer grossen Unkenntnis.

    Sie stellen das Solidaritätsprinzip im Schweizer Gesundheitswesen in Frage und somit die Kostenübernahme von Behandlungen an zigtausend Patientinnen und Patienten in der Schweiz. Wenn wir, wie Sie vorschlagen, das Verursacherprinzip einführen, was ist dann mit dem krebskranken Raucher? Wird er behandelt oder nicht? Was mit dem Übergewichtigen, der an Diabetes erkrankt? Was mit dem Hauswart, der die Leiter unvorsichtigerweise auf einen Tisch stellt und sich beim Sturz das Bein bricht? Mit dieser Argumentation öffnen Sie die Büchse der Pandora.

    Das Solidaritätsprinzip ist eine Stärke des Schweizer Gesundheitswesens. Wenn es nun in Frage gestellt wird, gefährdet dies die Gesundheitsversorgung von vielen chronisch kranken Menschen in unserem Land.

    Wir erwarten etwas anderes von einer bekannten Schweizer Patientenschützerin als mit dem Finger auf die Schwächsten zu zeigen und ihnen die Solidarität aufzukündigen. Wir erwarten, dass sie sich für alle Patienten einsetzt – ohne moralische Werturteile.

    Wir sind schwer enttäuscht und finden, dass Sie Ihre Haltung als Patientenschützerin überdenken müssen. Eine Stellungnahme von Seiten der Stiftung Patientenschutz ist dringend nötig.

    Mit freundlichen Grüssen

    Stephanie Alder, Marketing & Projekte, Schweizerische Diabetes-Gesellschaft
    Dr. Philip Bruggmann, Chefarzt ARUD Zentren für Suchtmedizin, Zürich
    Doris Fiala, Nationalrätin, Präsidentin Aids-Hilfe Schweiz
    Dr. Heinrich von Grünigen, Präsident Schweizerische Adipositas-Stiftung
    Prof. Dr. Huldrych Günthard, Präsident Schweizerische HIV-Kohorte
    Prof. Dr. Bernard Hirschel, Schweizerische Gesellschaft für Infektiologie
    Bettina Maeschli, Vorsitzende Positivrat Schweiz
    Dr. Claude Scheidegger, Präsident SAMMSU (Swiss Association for the Medical Management in Substance Users)
    Daniel Seiler, Geschäftsführer Aids-Hilfe Schweiz
    Prof. Dr. Pietro Vernazza, Präsident Eidg. Kommission für sexuelle Gesundheit EKSG

    Stellungnahme Margrit Kessler

  • Positivrat fordert Ende der zynischen Preispolitik

    Zürich, 2. Februar 2015

    Gestern wurden neue Medikamente, die Hepatitis C heilen können, in die Spezialitätenliste (SL) aufgenommen. Wie schon bei Sovaldi verhängt das BAG eine Limitatio, die die Medikamente nur bereits schwer erkrankten Patientinnen und Patienten zugänglich macht. Damit müssen unzählige Menschen weiter auf eine Heilung warten. Weiter...

  • Pressemitteilung - BAG erweitert Vergütung von HCV-Medikamenten

    Zürich, den 2. November 2016. Wir beziehen uns auf die Pressemitteilung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) vom 31.10.2016, „BAG prüft erweiterte Vergütung von Medikamenten gegen Hepatitis C“.

    Das Bundesamt will offenbar die bestehenden und viel kritisierten Zugangsbeschränkungen zu Hepatitis C Therapien ausweiten. Neu sollen auch mit Hepatitis B oder HIV ko-infizierte, intravenös Drogenkonsumierende sowie erfolglos vorbehandelte Patienten Anrecht auf eine Behandlung haben. Dabei beruft sich das BAG auf einen erneuten Austausch mit medizinischen Experten.

    Grundsätzlich begrüssen wir die Ausweitung auf weitere Patientengruppen. Wir können uns aber schlicht nicht vorstellen, dass die vereinten Experten dem BAG zu der im Pressetext kommunizierten Regelung geraten haben. Wir sind im Kontakt mit den wichtigsten Experten und wissen, dass der unbeschränkte Behandlungszugang für alle Menschen mit Hepatitis C gefordert wird. Dasselbe steht auch in der Reaktion des Netzwerk Schweizer Hepatitis-Strategie. Dass sich das BAG trotzdem auf die Expertenkonsultation beruft ist sehr fragwürdig.

    Was das Bundesamt im Einzelnen vorschlägt ist auch nicht durchdacht. Intravenös Drogenkonsumierende sollen ein Anrecht auf eine sofortige Therapie haben, nicht Drogenkonsumierende aber nicht? Das ist absurd, ethisch fragwürdig und in der Praxis gar nicht umsetzbar.

    Die Pressemitteilung des BAG ist auch tendenziös: sie suggeriert, dass heute Patienten eine Behandlung erhalten, sobald sich die Krankheit ausserhalb der Leber manifestiert. Wir wissen, dass das heute in der Schweiz in vielen Fällen nicht stimmt und symptomatischen Patienten die Behandlung verweigert wird.

    Zudem würden wir es sehr begrüssen, wenn Patientenvertreter bei den BAG Konsultationen mit am Tisch sitzen dürften. Wir mögen es nicht, wenn über unsere Gesundheit amtlich verfügt wird. Die Partizipation von Betroffenen sollte man heute von einer Behörde nicht mehr einfordern müssen.

     

    Positivrat Schweiz

    Walter Bärtschi, Vorsitz, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, M +41 79 461 4666


    Schweizerische Hepatitis C Vereinigung SHCV

    Daniel Horowitz, Präsident, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, M +41 79 339 1859

     

    Pressemitteilung vom 2.11.2016 als PDF

  • Stellungnahme Positivrat zu HIV-Testung der Schweizer Armee

    Berichterstattung über obligatorische HIV-Tests bei Rekruten, NZZ und NZZaS vom

    • 11. November «Armee will HIV-Tests einführen»,  
    • 12. November «Äusserst fragwürdig»,   
    • 1. Dezember «Armee macht Obligatorium für HIV-Tests rückgängig», «Freiwilliges Obligatorium» und   
    • 3. Dezember «Unglaubwürdige Wortklauberei»

    Der Positivrat hat die Kommunikation der Armee über die obligatorischen HIV-Tests bei angehenden Sanitätssoldaten mit Befremden verfolgt. Wie wir der Berichterstattung der NZZ und der NZZaS entnehmen, sollen Soldaten, die sich zur Sanität einteilen lassen wollen, obligatorisch einem HIV-Test unterziehen. Weiter sollen Menschen mit HIV, die unter Therapie sind, nach heutiger Praxis in jedem Fall vom Armeedienst ausgeschlossen werden, im Gegensatz zu HIV-positiven Menschen, die keine Medikamente nehmen. Sowohl die Test- als auch die Ausschlusspraxis sind widersinnig, gegenüber Menschen mit HIV diskriminierend, und berücksichtigen den neusten medizinischen Stand nicht.  

    Als HIV-Teststrategie hat sich VCT (Voluntary counselling Testing) in der Schweiz seit langem bewährt. VCT beruht auf freiwilligem Testen, das jeweils von einer Beratung durch geschultes Personal begleitet ist, unabhängig vom Resultat. Die meisten HIV-Teststellen in der Schweiz wenden VCT an. Die Praxis der Armee eines als „freiwillig“ deklarierten, aber eigentlich obligatorischen Testens ist nicht mit VCT vereinbar.

    Weiter ist nicht einzusehen, warum Menschen, die sich nicht auf HIV testen lassen wollen, oder auch Menschen, die HIV-positiv sind, von irgendwelchen Funktionen in der Armee ausgeschlossen werden sollen. Auch die Sanität sollte hier keine Ausnahme darstellen. Es gibt in der Schweiz keine Berufsverbote für HIV-positive Menschen. Es besteht im zivilen Gesundheitsbereich zu Recht keine Testpflicht auf HIV. Wenn die üblichen Hygiene- und Vorsichtsmassnahmen eingehalten werden, kann eine Übertragung des Virus ausgeschlossen werden. Ein Ausschluss wegen HIV ist wohl auch rechtlich nicht haltbar und ist als diskriminierend zu werten.  

    Zudem ist die gegenwärtige Tauglichkeitsprüfung widersinnig. Die Armee ist offensichtlich bezüglich der HIV-Therapie nicht auf dem neusten Stand. Sie sieht vor, Menschen mit HIV unter Therapie in jedem Fall auszuschliessen. Seit 2008, der Veröffentlichung des EKAF-Statements (der damaligen eidgenössischen Kommission für Aidsfragen, heute eidgenössische Kommission für sexuelle Gesundheit EKSG), ist klar, dass Menschen unter funktionierender Therapie nicht mehr infektiös sind, das Virus also nicht mehr weitergeben können. Zudem sind aktuelle Therapien um ein vielfaches verträglicher als noch vor ein paar Jahren. Die Leistungsfähigkeit von Menschen mit HIV, gerade auch unter Therapie, ist sehr hoch. Dies zeigt auch die Tatsache, dass 70 Prozent der Menschen mit HIV in der Schweiz arbeiten, zwei Drittel von ihnen zu hundert Prozent.  

    Wir plädieren für eine glaubwürdige Kommunikation unter Einbezug aktueller medizinischer Erkenntnisse. Gerade die Armee hätte eine Vorbildfunktion auch für zivile Arbeitgeber und sollte sich für die Nichtdiskriminierung von Armeeangehörigen einsetzen.

  • Stop Hepatitis! – Ein Betroffener ergreift die Initiative

     „Es ist ein Skandal“, sagt Dani, „es kann doch nicht sein, dass Leute in unserem Land aus Kostengründen eine Heilung verweigert wird“. So steht’s auch in seinem Blog „Stop Hepatitis“, den er vor kurzem im Internet aufgeschaltet hat.

    Dani ist mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert. Empört ist er wegen der Limitatio, die das BAG für die neuen, sehr wirksamen, aber auch sehr teueren Medikamente verhängt hat. Infizierte haben erst ab einem Fibrosestadium F3, was einem schweren Leberschaden entspricht, den Zugang zu den heilenden Medikamenten. „Es kann doch nicht sein, dass die Menschen erst behandelt werden, wenn sie schon ernsthaft erkrankt sind“, sagt er.

    Er weiss, wovon er spricht. Seit vielen Jahren lebt er mit der Infektion. Er hat eine gescheiterte Therapie mit Interferon und Ribavirin hinter sich. Diese Therapie, die in manchem Fällen bis zu einem Jahr eingenommen werden muss, hat starke Nebenwirkungen. Die Heilungsraten sind beschränkt. Jetzt wartet er auf die neuen Medikamente. Auch hat er Symptome wegen seiner Infektion. Doch Jammern ist nicht sein Ding, er handelt lieber. „Ich kann damit umgehen“, sagt er nur.

    Er selber habe Glück, sagt er lakonisch. Ihn selbst treffe die Limitatio nicht, denn seine Leber ist soweit geschädigt, dass er von den neuen Therapien profitieren wird. Doch für ihn ist sein Engagement eine Frage der Solidarität mit anderen. „Wenn niemand etwas macht, dann passiert nichts“, erklärt er seine Motivation. Und wenn es ihn betreffen würde, würde er die Medikamente selber bezahlen. „Das wäre meine Altersvorsorge, aber das wäre es mir wert. Aber andere können das nicht.“ Das wir bald eine Zweiklassenmedizin haben, dass befürchtet er. Auch deshalb will er sich dagegen wehren.

    Der 58-jährige IT-Fachmann war früher politisch aktiv. Schon immer war es ihm ein Anliegen, sich für eine solidarische Gesellschaft und für Schwächere einzusetzen. Für ihn ist klar, dass Menschen behandelt werden müssen, sobald ihre Leben Schaden nimmt, auch in frühen Stadien der Infektion. „Auch eine F1 ist schon eine Schädigung der Leber, da muss doch behandelt werden“, sagt er.

    Auch die Folgekosten der Epidemie wären grösser, wenn jetzt nicht behandelt wird. „Ich hoffe, dass das BAG an die Gesundheit der Menschen denkt, so wie sie es auf ihrer Website schreiben. Und nicht nur ans Geld.“

    Er verlangt weiter, dass so schnell wie möglich ein Plan zur Elimination der Hepatitis in der Schweiz erarbeitet und umgesetzt wird. Er, der lange Zeit in Südamerika gelebt hat, und fliessend spanisch spricht, verfolgt die Situation in Spanien genau. „Da gingen Tausende Betroffene auf die Strasse und reichten eine Petition mit 200‘000 Unterschriften ein.“ Er glaube zwar nicht, dass das in der Schweiz möglich sei. Aber trotzdem: Sein Wunsch ist, bald mit anderen Betroffenen und Transparenten auf dem Bundesplatz zu stehen und lautstark den Zugang zu den heilenden Medikamenten zu fordern.

    Ein erster Schritt ist getan: Dani hat zusammen mit einem anderen Betroffenen eine Online-Petition lanciert. Die Petition kann hierunterschrieben werden.

    Wer sich mit Dani in Verbindung setzen und sein Engagement unterstützen will, schreibt ihm an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

  • Unsere Bitte an Bundesrat Berset

    In einem Brief an Bundesrat Berset bitten wir ihn darum, dass die Schweiz die erste globale Strategie gegen virale Hepatitis der WHO unterstützt.

    Brief an Bundesrat Berset

  • Welt-Hepatitis-Gipfel: Für eine Welt ohne virale Hepatitis

    Anfang September 2015 stellte die WHO am Welt-Hepatitis-Gipfel in Glasgow, Schottland die erste globale Strategie zur Hepatitis-Bekämpfung vor. Der erstmals durchgeführte Gipfel schloss mit der Glasgow Declaration.

    Der Auftakt zum 1. Welt-Hepatitis-Gipfel war emotional: In einer Videobotschaft kamen Betroffene aus aller Welt zu Wort: „We want a world without Viral Hepatitis“. Zum Video.

    Vertreter von Regierungen, der Zivilgesellschaft und Experten aus über 60 Ländern trafen im schottischen Glasgow zusammen. Im Zentrum stand die Frage, wie die grosse Kluft überwunden werden kann zwischen der Bedeutung von viraler Hepatitis für die öffentliche Gesundheit und der immer noch geringen öffentlichen Aufmerksamkeit für das Thema..

    Denn die Zahlen sprechen für sich: 1.4 Millionen Menschen sterben jedes Jahr an einer viralen Hepatitis; 400 Millionen leben mit einer chronischen Hepatitis. Heute ist virale Hepatitis weltweit die 7. häufigste Todesursache. Trotzdem gehen erst wenige Länder entschlossen gegen die chronische Krankheit vor.

    Die WHO präsentierte ihre erste globale Strategie zur viralen Hepatitis. Diese setzt sich zum Ziel, virale Hepatitis als ein bedeutendes Public-Health-Problem bis 2030 zu eliminieren. Konkret heisst das:

    • eine 90%- Reduktion von neuen Fällen von chronischer Hepatitis B;
    • eine 65%-Reduktion von Todesfällen aufgrund Hepatitis B und C,
    • sowie die Behandlung von 80% der Personen mit einer chronischen Hepatitis B oder C, die für eine solche qualifizieren.

    Wie die Vertreter der WHO erklärten, kämen Untätigkeit uns zukünftig teurer zu stehen als wenn wir jetzt handeln. Prävention und Behandlung heute werden helfen, später Kosten zu sparen. Die Strategie soll an der nächsten World Health Assembly (WHA 69) im Mai 2016 verabschiedet werden.

    Die Werkzeuge, um Hepatitis erfolgreich zu bekämpfen, seien vorhanden, erklärte Charles Gore, Präsident der World Hepatitis Alliance. Aber es fehle an Commitment, dem nötigen Wissen und an Geld.

    „Es ist nun Zeit für alle, zusammen auf die Elimination von viraler Hepatitis als einem bedeutenden Problem für die öffentliche Gesundheit hinzuarbeiten“, sagte Dr. Gottfried Hirnschall, Direktor des HIV/Aids-Departements der WHO. Und: „Vom Erfolg der HIV/Aids-Arbeit können wir lernen.“

    Geschlossen wurde der Welt-Hepatitis-Gipfel mit der Glasgow Declaration, in der die Delegierten das Ziel der Elimination für realistisch erklären und die Staaten zu entschlossenem Handeln auffordern.

    Im Vergleich zu den Internationalen Aidskonferenzen fand die Zusammenkunft in einem bescheidenen Rahmen statt. Doch es ist ein Beginn. Positiv zu werten ist auch, dass die WHO klare Zeichen aussendet, Hepatitis ernsthaft bekämpfen zu wollen. Das Commitment der Teilnehmenden war zudem spürbar. Es ist zu hoffen, dass daraus eine Bewegung wächst, die den dringend nötigen Kampf gegen Hepatitis aufnimmt und die Staaten wachrüttelt.

    Das wäre auch in der Schweiz nötig: Obwohl die Vergütung von Therapien seit September für mehr Menschen erhältlich ist, können noch lange nicht alle Menschen mit einer chronischen Hepatitis C behandelt werden. Zudem braucht es auch in der Schweiz das Commitment der Gesundheitsbehörden und aller Partner, um Massnahmen, die im Rahmen des laufenden Strategieprozesses der Gruppe rund um die SEVHep ausgearbeitet werden, wirkungsvoll umzusetzen.

    Die „Global Health Sector Strategy on Viral Hepatitis, 2016-2021“ kann hier eingesehen werden.

    Bettina Maeschli / Oktober 2015

  • Widerhall zu unserem Hepatitis-C-Manifest

    Der Zugang zu den neuen, hochwirksamen Hepatitis-C-Medikamente ist limitiert. Die meisten Patientinnen und Patienten müssen immer noch auf eine Heilung warten. Der Positivrat Schweiz wehrt sich.
    "Die stille Epidemie wurde in der Schweiz verschlafen", Artikel im Tagi online/newsnetz vom 16.1.15

  • Zum Welt-Hepatitis-Tag vom 28. Juli Hepatitis: Die Schweiz muss endlich aufwachen

    Zürich, 27. Juli 2015. Morgen ist Welt-Hepatitis-Tag. 80’000 Menschen leben in der Schweiz mit Hepatitis C. Lebererkrankungen aufgrund einer Hepatitis C werden zunehmen. Die Preisdiskussion um die teuren Medikamente beherrscht die Debatte, auf der Strecke bleiben die Patientinnen und Patienten.

    Die Zahlen sprechen für sich: 80’000 Menschen leben in der Schweiz mit einer Hepatitis C. Über die Hälfte weiss nichts von der Infektion. Experten gehen davon aus, dass Folgeerkrankungen wie Leberkrebs aufgrund von Hepatitis C in den nächsten Jahren stark zunehmen werden. Heute sterben mehr Menschen an Hepatitis als an HIV. Trotzdem ist Hepatitis C in der Schweiz noch kaum ein Thema.

    Hepatitis C ist heute in über 90 Prozent der Fälle heilbar. Doch der Zugang zu den Medikamenten ist wegen der hohen Kosten eingeschränkt. Menschen, die geheilt werden könnten, müssen weiterhin mit dem Virus und dem Risiko schwerer Leberschäden leben. Dies, obwohl mehrere Modellstudien zeigen, dass früheres Behandeln die Sterblichkeit reduziert.

    Diese Situation ist unhaltbar. Es muss dringend gehandelt werden. Der Positivrat Schweiz arbeitet deshalb aktiv an der Entwicklung einer nationalen Hepatitis-Strategie mit, die von privater Seite initiiert wurde. Denn Hepatitis kann nur erfolgreich bekämpft werden, wenn alle Akteure an Bord sind und die Aktivitäten koordiniert werden.

    Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat den 28. Juli zum Welt-Hepatitis-Tag erklärt, um auf Hepatitis als drängendes Problem für die öffentliche Gesundheit aufmerksam zu machen und über die Krankheit aufzuklären. Diese Botschaft sollte auch bei uns endlich gehört werden.

    Der Positivrat Schweiz fordert: dass die seit Monaten andauernde Pattsituation rund um die Preisdiskussion der Medikamente ein Ende hat und Behörden und die medikamentenherstellende Industrie endlich eine tragbare Lösung finden; dass Hepatitis als Problem für die öffentliche Gesundheit anerkannt und auf die gesundheitspolitische Agenda gesetzt wird; und dass die nationale Hepatitis-Strategie von offizieller Seite unterstützt wird.

    Kontakt:
    Dominik Bachmann
    Vorsitz Positivrat

     

    Medienmitteilung_zum_Welt_Hepatitis_Tag_vom_28_Juli_2015_Positivrat_Schweiz.pdf